Ai Weiwei


Ai Weiwei at an opening of his exhibition at Dusseldorf’s art museum K20 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in May 2019. Maja Hitij/Getty Images
Ai Weiwei at an opening of his exhibition at Dusseldorf’s art museum K20 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in May 2019. Maja Hitij/Getty Images

vita


 

Frühe Jahre und Ausbildung


1957–1978
· Geboren am 28. August 1957 in Peking als Sohn des renommierten Dichters Ai Qing
· Aufgewachsen in der Verbannung in der Wüste Gobi, Xinjiang, aufgrund der politischen Ächtung seines Vaters während der Kulturrevolution
· Erste künstlerische Prägung durch die schwierigen Lebensumstände und die Erfahrung von staatlicher Repression
· Rückkehr der Familie nach Peking 1976
· 1978 Studium an der Pekinger Filmakademie, Fachrichtung Animation


USA-Aufenthalt und künstlerische Neuausrichtung


1981–1993
· Übersiedlung in die USA, vor allem nach New York City
· Studium an der Parsons School of Design
· Auseinandersetzung mit Konzeptkunst, Dadaismus, Duchamp und der Pop Art
· Schuf erste Performances und Fotografien, darunter „Dropping a Han Dynasty Urn“
· Intensive Auseinandersetzung mit westlicher Kunsttheorie und demokratischer Kultur


Rückkehr nach China und internationale Bekanntheit


1993–2010
· Rückkehr nach China aus familiären Gründen
· Mitbegründer des avantgardistischen Künstlerkollektivs „Beijing East Village“
· Initiator des unabhängigen Kunstarchivs „China Art Archive & Warehouse“
· Internationale Anerkennung durch Projekte wie die Mitarbeit am „Bird’s Nest“-Stadion der Olympischen Spiele in Peking 2008
· Ab 2008 zunehmende Konfrontation mit dem chinesischen Staat, insbesondere infolge seiner Recherchen zum Schulgebäude-Einsturz nach dem Erdbeben in Sichuan


Verhaftung, Exil und globale Resonanz


2011–heute
· Im Jahr 2011 unter dem Vorwand der Steuerhinterziehung 81 Tage inhaftiert
· Internationale Proteste und weltweite Aufmerksamkeit
· Seitdem im europäischen Exil: lebt u. a. in Berlin, Cambridge und Portugal
· Weiterhin künstlerisch aktiv – mit Werken, die globale Missstände, Menschenrechtsverletzungen und geopolitische Ungleichgewichte thematisieren
· Veröffentlichung seiner Memoiren 1000 Jahre Freud und Leid (2021)
· 2024 Graphic Novel Zodiac, die biografische Erzählung mit den zwölf chinesischen Tierkreiszeichen verknüpft – Reflexion über Macht, Identität und Geschichtspolitik

Werk


Ai Weiweis künstlerisches Werk steht für eine radikale Verbindung von Ästhetik und Aktivismus. Sein Motto „Everything is art. Everything is politics“ bringt die grundlegende Haltung auf den Punkt, mit der er gesellschaftliche, politische und kulturelle Fragen verhandelt. Er arbeitet genreübergreifend mit Skulptur, Installation, Film, Fotografie, Architektur, digitalen Medien und sozialen Netzwerken.

Ein zentraler Aspekt seiner Praxis ist die Reinterpretation traditioneller chinesischer Symbolik im Kontext zeitgenössischer Politik. Die Arbeiten sind dabei oft partizipativ, großformatig und explizit auf Öffentlichkeit ausgerichtet. Ein prominentes Beispiel ist die Arbeit Sunflower Seeds (2010): 100 Millionen handbemalte Porzellankerne, gefertigt in der ehemaligen Porzellanhochburg Jingdezhen, füllten den Boden der Turbine Hall der Tate Modern – ein Werk über Kollektivität, Arbeitsrealitäten, Industriegeschichte und politische Gleichschaltung.

Ebenso symbolisch aufgeladen ist Straight (2008–2012), eine monumentale Bodeninstallation aus begradigtem Bewehrungsstahl, gesammelt aus den Trümmern eingestürzter Schulen in Sichuan. Die Arbeit ist sowohl Gedenkstätte als auch Anklage gegen Korruption und Verantwortungslosigkeit.

Aktuell ist Ai Weiwei mit seiner bisher größten Einzelausstellung in Europa in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen vertreten. Im K21 steht mit Laundromat (2016) und Life Cycle (2018) das Thema Migration im Mittelpunkt. Im K20 werden erstmals Straight und Sunflower Seeds gemeinsam vollständig präsentiert – ein symbolisches Zusammenspiel von Erinnerung, Protest und poetischer Transformation.

Seine Arbeiten wie die Zodiac-Tierkreis-Skulpturen oder Lego-Mosaike betonen auch den universellen Charakter kultureller Symbole und hinterfragen Eigentum, kollektive Erinnerung und nationale Identität. Ai Weiwei transformiert Objekte mit imperialem oder exklusivem Ursprung in allgemein zugängliche, demokratische Kunstformen – ein ästhetisches wie politisches Anliegen.

 

Seine Kunst ist Ausdruck eines umfassenden Zeugnisses: von Dissidenz, kultureller Reflexion und dem unerschütterlichen Glauben an individuelle Freiheit und Verantwortung.